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Förderkreis Frankfurt e.V. Kultur & Diskurs

Jetzt erzähle ich

Die Ilias als berühmteste Erzählung des Abendlandes wird in diesem Theaterprojekt neu gelesen und mit verändertem Fokus ausgelegt.

Bühnenbild Entwurfskizze

Eine multimediale Theaterinstallation 

Dass Demokratie derart leicht zu erschüttern ist, zeigt die Gegenwart in erschreckender Weise. Als berühmteste Erzählung des Abendlandes ist die Ilias fest im literarischen Gedächtnis Europas verankert. Das Homer zugeschriebene Epos gilt als Grundmodell aller Geschichten über menschliche Feindseligkeiten sowie als Vorläufer demokratischer Ideen. Die wurden allerdings stets nur aus männlicher Perspektive geschildert – ob von Homer oder den Autoren unter diesem Pseudonym, ob später von den zahlreichen Übersetzern. Obgleich die Ilias, wie auch die Odyssee, wissenschaftlich, aber auch popkulturell viel rezipiert worden sind, sollte es fast dreitausend Jahre dauern, bis eine Frau die Epen übersetzte. Die britisch-amerikanische Autorin, Übersetzerin und Professorin für klassische Studien Emily Wilson war die erste, die 2018 die Odyssee und 2023 die Ilias ins Englische übertrug.

Mit der griechischen Kolonisation breitete sich die Polis in die Mittelmeergebiete aus und mit ihr die antike Form der Demokratie.
Die Ilias wird in diesem Theaterprojekt neu gelesen und mit verändertem Fokus ausgelegt, weil in der Entwicklung der Demokratie Frauen geflissentlich ignoriert worden sind. Gerade in gegenwärtigen Zeiten, in denen Demokratie und Geschlechtergerechtigkeit zunehmend bedroht werden, obwohl gerade Geschlechtergerechtigkeit zur Grundlage demokratischer Ordnungen gehört.

Europa trägt den Namen einer Frau. Entstanden ist dagegen ein Patriarchat, das ohne Hierarchien nicht vorstellbar ist. Diesen Widerspruch im demokratischen Selbstverständnis aufzuzeigen und ihm Formen des Gemeinsamen entgegenzuhalten, ist das zentrale Anliegen des Projektes.

Kalliope, die Muse der epischen Dichtung und der Geschichte, ist die Erzählerin der Theaterinstallation, sie zeigt das Unsichtbare unter der Oberfäche, stürzt die scheinbare Ordnung ins Chaos und eröffnet dadurch Wege zu neuer gerechterer Ordnung. Dann gibt es da noch Hekabe, Andromache, Penelope, Kassandra, Briseis und Chyrseis und natürlich auch Penthesilea.


Schon Platon sagte, wenn er damit auch fast alleine dastand:
„… was mein Gesetz über das männliche, das ist es geneigt auch über das weibliche Geschlecht zu verordnen, so dass auch dieses ganz die gleichen Übungen durchzumachen hätte. Und ich werde mich dabei nicht vor dem Einwande fürchten dass Reiten und Turnen doch nur für Männer und nicht für Weiber sich schickten. Vielmehr bin ich nach alten Sagen eines anderen überredet und weiß ja auch geradezu, dass es auch jetzt noch Weiber am Pontos von zahlloser Masse gibt, Sauromatinnen geheißen, welche ganz in gleicher Weise wie die Männer dazu angehalten und darin geübt sind gemeinsam mit diesen nicht bloß die Rosse zu besteigen, sondern auch den Bogen und alle anderen Waffen zu handhaben. Ich halte mich aber nicht bloß an diese Beispiele sondern auch an folgende Überlegung. Wenn doch die Sache wirklich ausführbar ist, so kann nichts törichter sein als dass, wie es doch überall bei uns zugeht, nicht alle Männer und alle Weiber einmütig und mit aller Macht denselben Beschäftigungen sich zuwenden.Denn auf diese Weise bleibt in Folge der Vernachlässigung gleicher Leistungen und Anstrengungen beinahe die Hälfte der im Staate vorhandenen Gesamtkraft ungenützt, und es könnte das Doppelte von dem erreicht werden was jetzt erreicht wird, und das ist doch ein merkwürdiger Fehler in der Gesetzgebung."  (Nomoi)


Eine Theaterinstallation mit 2 Schauspielerinnen und einem Sprechchor von 12 jungen Statist*innen. Außerdem erscheint eine filmische Theaterprojektion im Netz. Geplant sind Gastspiele im gesammten deutschsprachigen Raum.

Projektleiterin: Barbara Englert, Film: Pola Sell